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  • Warum haben Künstler keine Aktien?

    Warum haben Künstler keine Aktien?

    Weil man sie nicht malen kann. Und essen erst recht nicht.

    Scherz beiseite. Ich meine nicht Aktien im klassischen Sinne. Nicht die Dinger, mit denen man sich fürs Alter absichern soll, obwohl man sie nicht versteht. Nein, ich meine: Aktien auf Menschen. Auf Ideen. Auf Künstler. Auf das, was entsteht, wenn Kreativität und Lebenszeit verschmelzen.

    Firmen, die Milliarden-Schulden machen, werden an der Börse gefeiert, als wären sie Popstars. Ihre „Story“ überzeugt. Die Aussicht auf Zukunft macht sie investierbar. Sie geben Aktien aus – Anteilsscheine an der Vision, mit dem Versprechen auf mögliche Gewinne. Was wäre, wenn Künstler das auch könnten?


    Ein Gutschein, der wächst

    Vor fast 15 Jahren habe ich einem Freund einen Gutschein geschenkt. 30 Fotos zu seinem 30ten – irgendwo, irgendwie irgendwann mal.

    Er hat ihn bis heute nicht eingelöst.

    Er sagt: „Ich warte noch. Der steigt bestimmt noch im Wert.“

    Ich lache – und denke: Wie schön ist das bitte?

    Er sieht meinen Wert nicht in Tagespreisen, sondern in einer Zeitreise.

    Vielleicht wird dieser Gutschein nie eingelöst, sondern vererbt. Wie ein Kunstwerk. Oder eine Aktie, nur mit Seele.


    Kunst als Genussrecht

    Was, wenn Künstler „Genussrechte“ vergeben könnten? Keine Rechte auf Mitbestimmung, sondern auf Teilnahme.

    Nicht: Du darfst mitreden, wie ich male oder was ich erschaffe.

    Sondern: Du bekommst einen Anteil am Erlebnis. Am Output. An der Idee und den oft nicht so geradlinigen Weg der Umsetzung.

    Vielleicht ein Studio-Shooting pro Jahr.

    Oder ein Porträt, wenn ich irgendwann richtig alt bin.

    Oder das Recht, bei der nächsten Veranstaltung als VIP dabei zu sein, weil du 2010 schon an mich geglaubt hast.


    Ein kreativer Markt der Möglichkeiten

    Stell dir vor: Du versteigerst Anteile an Deiner kreativen Arbeit, die noch nicht getan ist – Stück für Stück.

    Nicht in Knechtschaft, sondern in Verbundenheit.

    Deine Unterstützer bekommen kein Mitspracherecht. Aber ein Mitgefühl. Ein Mitwachsen. Ein Miterleben.

    Eine Aktie an deiner kreativen Geschichte.

    Kein Dividendenversprechen, sondern ein Erlebnisversprechen.

    Das könnte sogar nachhaltiger sein als so manches NFT-Experiment.

    Denn was wäre echter als ein Mensch, der sagt: „Ich hab damals 500 Euro in deine Idee gelegt. Und schau dich heute an.“


    Kunst ist nicht planbar – aber teilbar

    Natürlich ist das alles mit Risiken verbunden.

    Der Künstler könnte aussteigen, verschwinden, sich neu erfinden.

    Die Aktie könnte sich in Luft auflösen. Oder in Musik. Oder in Stille.

    Aber vielleicht liegt genau darin der Reiz.

    Denn im Gegensatz zur Börse geht es hier nicht um Zahlen.

    Sondern um Nähe, Vertrauen und ein bisschen Verrücktheit.

    Wie bei Kunst eben.


    Also: Warum haben Künstler keine Aktien?

    Weil sie selbst der Wert sind. Ihr Leben eine Leinwand.

    Und dennoch: vielleicht ist es genau jetzt an der Zeit ist, dass andere auch daran teilhaben dürfen. An den Machern.

    Nicht nur mit Geld – sondern mit Hoffnung.

    Und einem Gutschein, der mehr ist als nur ein Blatt Papier.

    Fragen zur Reflektion als Kreativer:

    Welches Erlebnis bietest Du Deinen Kunden?

    Und wie kann man Deine Arbeit unterstützen?

    Ist Deine Kunst reproduzier- oder skalierbar?


    Ich weiß, wie ich mich in meiner Arbeit unterstützt und wertgeschätzt fühle. Abonnier gern den Newsletter und ich halte Dich auf dem Laufenden über kommende Veranstaltungen und besonders schöne Themen.

  • Creators spotlight: Larissa Hellmund

    Creators spotlight: Larissa Hellmund

    In diesem Creators Post möchte ich euch das Drama, die Kunst des Geschichtenerzählens und eine freie Dramaturgin / Trainerin für diese Kunst vorstellen: Larissa Hellmund

    Ihr eigenes Leben gleicht einer unendlichen Geschichte, garniert mit reichlich Fantasie, einer gehörigen Portion Mut und viel Neugier auf die Welt und neue Technologien.

    Viel Spaß beim Spotlight Interview mit Larissa.

    1. Wie kam das Drama zu Dir? Gab es einen bestimmten Moment oder eine Begegnung, die Dich zum Erzählen und zur Dramaturgie geführt hat?

    Vor ein paar Jahren habe ich beim Ausmisten meines Hab uns Guts unter anderem meine alten Zeugnisse aus der Grundschulzeit wiedergefunden. Da findet sich im Zeugnis von der 2. Klasse als Bemerkung: “Larissa weist eine kreative Neigung zum Schreiben eigener Geschichten auf.” Und irgendwann dann, also so mit 7 oder 8, stand ich das erste Mal im Rahmen einer Schulveranstaltung im Bühnenlicht, um meine selbstgeschriebene Kurzgeschichte “Der Kartoffelkönig” vorzutragen. Wir hatten zu der Zeit im Heimat- und Sachunterricht das Thema “Kartoffeln” behandelt – und das hatte mich dazu inspiriert, mir eine eigene Welt unter der Erde auszudenken, die unter dem Zepter eines mürrischen Kartoffelkönigs steht. Also ja, ich denke, die Begegnung mit Kartoffeln war der Startschuss. Da begann meine Leidenschaft für das Erfinden und Inszenieren von Geschichten. Danach sind dann viele weitere gefolgt: geschriebene, gespielte und erlebte.

    2. Was unterscheidet eine „gute“ von einer „großartigen“ Geschichte? Gibt es dramaturgische Elemente, die oft unterschätzt werden?

    Es gibt diesen Spruch, dass das Theater der Spiegel der Gesellschaft ist – und ich denke, das ist allen großartigen Geschichten gemein: Dass sie eine Geschichte erzählen, die durch das Erleben einer konkreten Figur führt, aber dabei eigentlich das Menschsein an sich behandeln. In der Dramaturgie unterscheidet man verschiedene Konfliktebenen, die eine Geschichte bedienen kann. Die klassischsten sind die persönliche, die zwischenmenschliche und die übergeordnete bzw. philosophische Konfliktebene. Wenn man sich die Mühe macht, diese sauber auszutüfteln, steigt die Chance, dass sich das Publikum direkt auf mehreren Ebenen der Geschichte angesprochen fühlt.

    3. Wenn Dein Leben ein Roman wäre – welches Genre hätte es und gibt es schon einen Titel?

    Es wäre wohl so eine Mischung aus Reiseroman und Coming-of-Age. In der Literatur und im Film behandeln Coming-of-Age-Werke oft Themen wie erste Herausforderungen beim Erwachsenwerden, Identitätsfindung und den Umgang mit gesellschaftlichen Erwartungen. Diese Themen ließen sich gut mit meinen Reiseerlebnissen kombinieren. Denn am Ende haben meine vielen Reisen natürlich nicht nur in die Welt, sondern vor allem zu mir selbst geführt. Einen Titel gibt es noch nicht – aber vielleicht wäre so etwas wie “Kultur(schock)verliebt” ein guter Arbeitstitel 😀

    4. Wie wichtig ist für Dich das ortsunabhängige Arbeiten?

    Extrem wichtig. Es gibt mir die Freiheit, meine Ideen dort entstehen zu lassen, wo sie am besten gedeihen – ob in einem Café, beim Blick auf das Meer oder auf einem Flughafen zwischen zwei Welten. Auch Teamarbeit funktioniert für mich remote sehr gut, also ohne physische Nähe. Allerdings arbeite ich auch gerne multidisziplinär, also nicht nur rein visuell oder auditiv, sondern z. B. auch mit Performance-Ansätzen, Bewegungen und haptischen Erlebnissen. Meinen Workshop zum Überwinden von kreativen Blockaden beispielsweise würde ich nur sehr ungern in die Zweidimensionalität einer Online-Session pressen. Da sind mir Live-Erlebnisse schon lieber.

    5. Welche Künstler:innen oder Autor:innen haben Dich am meisten inspiriert?

    „The Artist’s Way“ von Julia Cameron ist meine persönliche Kreativitätsbibel. Die Idee, das eigene Leben als persönliches Kunstwerk zu begreifen und für das eigene innere Künstlerkind einzustehen, hat mich sehr geprägt. Ich sag häufiger “Storytelling hilft dabei, Identität zu finden und Integrität zu leben”. Denn die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und der, die man schreiben möchte, kann regelrecht therapeutische Züge haben. Genau darum geht es auch in “The Artist’s Way”. Ansonsten inspiriert mich als Künstlerin z. B. Marina Abramovic mit der ausdrucksvollen Kühnheit ihrer Performances. Erzählkunst hat ja ganz viel mit Ausdruckskunst und dem Mut, sich zu zeigen, zu tun.

    6. Was hat sich mit KI für Dich verändert?

    Für mich war die KI die bisher größte Herausforderung in meinem beruflichen Schaffen. Alles, was ich mir über die Jahre an Expertise aufgebaut hatte, schien plötzlich nichts mehr wert zu sein: Von Korrektorat über Lektorat bis hin zum Texten – das alles konnte plötzlich eine deutliche günstigere Maschine übernehmen. Ich hatte mit großen Umsatzeinbußen zu tun. Dann habe ich angefangen, “dem Feind” – so habe ich die KI zu Anfang wirklich gesehen – ins Gesicht zu schauen und mich mit ihr näher auseinanderzusetzen. Daraus ist dann immer mehr Faszination für die neue Technologie entstanden. Heute sehe ich die KI vor allem als meine kreative Sparringspartnerin. Sie hat mich nicht ersetzt, sondern meine Arbeit erweitert – und letztendlich zu meiner beruflichen Neupositionierung als Trainerin für KI-gestütztes Storytelling geführt.

    7. Wie siehst Du die Zukunft des Geschichtenerzählens – insbesondere mit Blick auf digitale Medien und KI?

    Ich glaube, dass in einer Welt, die (nicht zuletzt durch KI) immer mehr von Content überflutet wird, die Kunst des Geschichtenerzählens immer wichtiger werden wird. Unser Gehirn sucht nach Orientierung in der Informationsflut – und Geschichten sind nachweislich die effektivste Art, Informationen zu verankern. In einer Welt voller schneller, KI-generierter Inhalte wird die Kunst sein, sich mit authentischem Erzählen von der Masse abzuheben.

    8. Gibt es eine Frage, die Du Dir selbst immer wieder stellst, aber die Du oft anders beantwortest?

    Die klassische Autonomiefrage: Was ist dir wichtiger; Freiheit oder Verbindung? Mir ist beides unglaublich wichtig. Aber je nach dem, ob ich gerade viel Zeit und Nähe mit wichtigen Menschen verbringen konnte oder nicht, werde ich mal eher mit “Freiheit” und mal eher mit “Verbindung” antworten.

    9. Du gibst in Deinen Workshops ja den Rat: “Fangt mit dem Ende an.” Welcher andere Tipp ist aus Deiner Sicht ein Leitmotiv für Dein Tun?

    Erzählen fängt mit Zuhören an. Wenn ich Geschichten schreiben will, die Menschen bewegen sollen, muss ich ein Verständnis davon haben, was Menschen bewegt. Und das werde ich nur dann mit Wahrhaftigkeit erfahren, wenn ich eine offene Haltung beim Zuhören bewahre. Auch deswegen reise ich so gerne in möglichst unterschiedliche Kulturen: Denn dort komme ich mit den angelernten Bewertungskriterien aus meiner heimatlichen Gesellschaft nicht weit. Und das übt mich im bewertungsfreien Zuhören – und lässt mich so neue Geschichten sammeln.

    Du hast Lust bekommen, die Kunst des Storytelling mit Larissa zu entdecken. Dann schaue doch einfach mal auf Ihrer Seite vorbei. Hier entlang bitte.

    Herzlichen Dank auch an Larissa für Ihre Reise nach Berlin und die inhaltliche Abendgestaltung zum unserem 1. Creators Eve am 2.4.2025, als sie uns in ihre Welt der Erzählkunst mitnahm.

  • Is Copyright outdated?

    Is Copyright outdated?

    There was once a time when creativity felt protected, when creators could make a living not just from their talent but also from laws that shielded their work. Copyright was a fortress. It allowed artists, writers, filmmakers, and musicians to decide how their creations were shared, used, and monetized. It was their shield in a world eager to reproduce and redistribute.

    For decades, industries like film, music, and publishing thrived under the wings of copyright. Remember the fierce campaigns against data piracy in the era of torrent networks? Back then, the battle lines were clear: creators versus pirates. The message was simple—“Piracy hurts creators.”

    But what do we hear now? The silence is deafening.

    The conversation has shifted. Instead of torrents, we’re talking about artificial intelligence. AI tools have revolutionized how content is created, consumed, and mimicked. Yet their foundational training often leans heavily on existing works—texts, images, and videos scraped from the internet. The defense? “It’s for training purposes.” After all, how could machines learn to imitate human creativity without examples?

    The irony is sharp: “All great artists steal,” we say, quoting Picasso. But when tech giants and corporations adopt this mantra to justify wholesale replication of creative works, who benefits? Spoiler alert: it’s not the individual creator.

    The consequences of this shift are far-reaching. If original creators can no longer trust that their work will remain their own, where is the incentive to create? Why pour effort into a masterpiece if it’s destined to be copied, mimicked, and monetized by someone—or something—else?

    This erosion of incentive is already reshaping the landscape. Fewer creators are thriving on their artistry alone. Many now pivot toward commercial partnerships, becoming influencers or brand ambassadors. These roles pay well but steer them toward a kind of creativity that serves commerce over art. The machine keeps rolling, powered not by fresh, original work, but by a feedback loop of recycled content and consumerism.

    And here’s the real kicker: when AI begins to feed on its own regurgitated outputs—models training on AI-generated data—what happens to quality? The pool of inspiration becomes a stagnant pond. True innovation suffers because those who once created with passion and purpose have left the stage.

    Is it time to wave goodbye to copyright? Perhaps the better question is, who benefits when we do? Because if it’s not the creator, then it’s probably the machine. And the machine doesn’t care about art—it only cares about output.